Florida
Florida, das Zauberwort 1999.
Miggi hatte das große Glück, mit einer Schulfreundin Ostern 1999 nach Venice Florida reisen zu können.
Sie kam so begeistert zurück, dass wir Alle in den Sommerferien dorthin reisen wollten. Max war voller Vorfreude. 10 Tage vor der Abreise klagte er über Bauchschmerzen. Sehr ungewöhnlich bei ihm, natürlich war wie immer in solchen Fällen, kein Arzt mehr zu erreichen. Wir fuhren also ins evang. Krankenhaus.
Dort stellten sie Max auf den Kopf und fanden nichts. Ich ließ den Ärzten keine Ruhe. Wenn Max sagt er hat große Schmerzen, dann ist da etwas, er jammert sonst nie. Auch sah er kreidebleich aus. Der Arzt war sehr ungeduldig und meinte wohl mehr um uns abzuschrecken: dann müssen wir eine Bauchspieglung machen und sie wissen ja wie gefährlich schon eine Narkose sein kann.
Klar verunsicherte mich das, ich wollte doch das man Max half und nicht das er zu Schaden kommen sollte.
Trotzdem, wir entschlossen uns zur Bauchspieglung. Max wurde vorbereitet. Das fand er ja mal garnicht lustig. Als er im Genitalbereich rasiert werden sollte, mußte sich der Krankenpfleger einiges anhören.
Ich wartete vor dem OP-Saal. Es sollte 30 Min höchstens dauern.
Nach 3 schrecklichen Stunden, in denen ich schon mehr als alle Sünden abgebüßt hatte und voller Selbstvorwürfe war, weil ich auf die OP bestanden hatte, kamen 3 Ärzte auf mich zu, vermumt und sehr ernst.
Schon damals befürchtete ich das Schlimmste - doch wir hatten großes Glück.
Max hatte einen Darmtumor der sich dazu verdreht hatte und zu platzen drohte.
Der Arzt meinte Mutterinstinkt würde er nicht mehr unterschätzen nach dieser schweren OP.
Wäre Max mit dem Tumor geflogen, wäre er wohl im Flugzeug geplatzt und Max wäre gestorben.
Max wollte nach Amerika, er nahm alles in Kauf. Es war sehr heiß und er durfte weder essen noch trinken und nahm furchtbar schnell ab. Er wog bei 170 cm nur noch knapp 48 kg. Er sah schrecklich aus.
Der Abflug rückte näher und Max kämpfte - und wie. Die Ärzte nahmen Kontakte zu einer Klinik in Sarasota auf zur Weiterbehandlung, ich lernte die Wundversorgung. Und Max ertrug alles. Tapfrer Sohn.
Er wurde nach 10 Tagen entlassen, auf eigenen Wunsch, eigentlich sollte er noch2 Wochen dort bleiben.
Er durfte nur Suppen essen und Wasser ohne Kohlensäure trinken, noch eine ganze Woche lang - und das im Land der Fast-Food und leckersten Burger. Nachher sagte er immer, sein erster Burger dort sei der Leckerste der Welt gewesen.
Im Flughafen starrten und Alle an und einer meinte sogar: der fliegt zum Sterben in die USA. So schlecht sah Max aus. Aber er war glücklich, nein, selig. Sein erster Flug! Ich saß neben ihm und er strahlte und staunte. Die Wolkenberge und Formen gefielen ihm, Wir flogen über New York, er war fastziniert.
Alle lief gut in diesem Urlaub. Wir waren dankbar!
Er erholte sich in Windeseile, er durfte nach 1 Woche schwimmen und langsam wieder essen. Für mich war es rückblickend der schönste Urlaub, und auch Max wollte nach dem Abi mit seinen Freunden vielleicht das Haus mieten. Es kam nicht mehr dazu.
Nun, im Juli 2005, zur gleichen Zeit, waren wir wieder dort. Mit Miggi und ihrem Freund Marcel.
Welch ein Schmerz der liebevollen Erinnerung tat sich dort für mich auf. Max fehlte überall, kaum zu ertragen.
Und doch war es schön.
Zwischen den Inseln Captiva und Sanibel gibt es an einer Brücke einen öffentlichen Strand. Wenn ihr den links lange entlangwandert, gibt es eine Stelle, an der bizarre abgestorbene Bäume ins Wasser ragen.
Dort habe ich ein Bild von Max in dem Geäst befestigt, wenigstens sein Bild sollte dort sein. Es ist eine einsame Stelle, nur Seevögel und Schildkröten verirren sich dorthin. Der nächste Hurrikan wird sicher das Bild mit sich forttragen oder eine Welle wird es rauben, das Sichtbare wird vergehen, doch die Liebe wird bleiben und von der Sehnsucht begleitet sein.